Advent, Weihnachten, Silvester
- jerusalemgang
- 6. Jan. 2022
- 6 Min. Lesezeit

Wie erlebt man als Volo der Erlöserkirche in Jerusalem das höchste Fest der Christen? Wie die Adventszeit und wie den Jahreswechsel, also Silvester? Und was passiert, wenn einer der drei Volos aus der Erlöserkirche auch noch in dieser Zeit Geburtstag hat? Die Antworten auf all diese Fragen findet ihr hier:
Generell kann man sagen, dass wir alle leider nur selten Weihnachtsstimmung verspürt haben bzw. im Advent gar nicht realisiert haben, dass gerade Advent ist. Wahrscheinlich lag es am Wetter, denn an der fehlenden Weihnachtsdekoration kann es nicht gelegen haben – im armenischen Viertel der Altstadt mit seinen tausenden Lichterketten, Weihnachtsbäumen, Weihnachtsmännern und natürlich dem „Santa House“ bekam man davon seit Ende November wirklich mehr als genug. Das Santa House selbst besuchten Lea, Hissi und Andrea am 29. November. Wir waren einerseits begeistert von der vollen Ladung an Weihnachten, die man dort erlebt und andererseits auch etwas belustigt darüber, wie extrem kitschig das Haus ist.

Schnee gab es in Jerusalem bisher noch nicht, dafür war die Temperatur dann doch immer zu weit weg vom Nullpunkt (uns war im letzten Monat aber trotzdem ziemlich kalt, da die Kälte hier wirklich sehr unangenehm ist und sich z.B. 13°C auch viel kälter anfühlen als in Deutschland). Dafür gab es im Dezember endlich den von allen lang ersehnten Regen. Jetzt aber genug vom Wetter: Ende November kamen wir das zweite Mal (nach dem Santa House versteht sich) so richtig in Weihnachtsstimmung beim Adventskranzbinden auf Talitha Kumi (Wer sich nicht erinnert: Das ist die deutsche Schule in Bayt Jala, die wir bereits in unserer Einführungswoche besucht hatten). Das Adventskranzbinden fand am 25.11. statt und da es Ende November noch sehr warm war, saßen wir bei 20-25°C draußen im Hof der Schule und banden Adventskränze, während wir die Sonne genossen.
Die Adventskränze wurden zwei Tage später auf dem alljährlichen Adventsbasar der Erlöserkirche, der dieses Jahr aufgrund von Corona in viel geringerem Ausmaß und auch auf der Auguste Victoria anstatt in der Erlöserkirche stattfand, verkauft. An diesem Tag gab es viel zu tun für uns Volos: Wir durften die von Hissi gebackenen Weihnachtsplätzchen, Glühwein, Waffeln und natürlich auch die Adventskränze verkaufen. Beim Einpacken der Weihnachtsplätzchen versetzte uns der Geruch derselben abermals in Weihnachtsstimmung, welche allerdings sofort wieder verflogen war, als wir eine halbe Stunde später viel zu warm angezogen und mit Sonnenbrille draußen in der prallen Sonne an unseren Verkaufsständen standen und bei 25°C versuchten, nicht allzu sehr zu schwitzen.

Selbst Barbara, die an diesem Tag für ihren legendären Glühwein zuständig war, sagte, dass es in Jerusalem Ende November selten immer noch so warm ist wie es in diesem Jahr der Fall war. Die Temperaturen hielten uns jedoch nicht davon ab, uns Barbaras Glühwein schmecken zu lassen und so endete der Auftakt unserer Weihnachtszeit in Jerusalem mit dem ein oder anderen (leicht ;)) betrunkenen Volo. Rund um die ganzen Chanukkah-Feierlichkeiten und all die anderen aufregenden Dinge, die wir so tagtäglich im Heiligen Land erleben, verdrängten wir ganz unbewusst die Adventssonntage, sodass man an wirklich jedem der vier Sonntage aus irgendeiner Ecke den schockierten Ausruf „Was?! Es ist schon der erste (zweite/ dritte/ vierte) Advent?!!“ zu hören bekam. Tatsächlich ging es dabei aber nicht nur uns Volos, sondern z.B. auch den StudentInnen von Studium in Israel so. Deshalb freuten wir uns am 11. Dezember auch sehr über die Einladung der Volos aus dem Johanniterhospiz (Anna, Sophie und Nathanael), zu ihnen zum Plätzchenbacken zu kommen. Auch an diesem Tag verbrachten wir also eine schön weihnachtliche Zeit mit vielen anderen Volos, bestaunten die Weihnachtsdeko mit der Anna, Sophie und Nathi das „JoHo“ geschmückt hatten und hörten den ganzen Nachmittag lang Weihnachtslieder, während wir fleißig Plätzchen backten und dekorierten. Die Ergebnisse ließen sich sehen, überlebten aber leider nicht lange.

Am dritten Advent durften wir Volos noch unser selbst-organisiertes Mitmachkrippenspiel im Adventsgottesdienst vorführen. Dieses hatten Lea und Hissi zusammen mit Melanie und Lisa, einer Lehrerin von Talitha Kumi, auf die Beine gestellt. Das Krippenspiel war interaktiv gestaltet, sodass auch die Gottesdienstbesucher ihren Spaß dabei hatten, sich an die Weihnachtsgeschichte zu erinnern.
Plötzlich war dann auch schon der lang ersehnte Tag, der 24.12., gekommen: An diesem Tag mussten wir arbeiten, sodass Lea und Andrea zusammen mit Yacoub am Vormittag die Kirche für den Weihnachtsgottesdienst, der am Abend stattfinden würde, vorbereiteten. Dafür verteilten wir in der Kirche Hunderte von Kerzen, die dann am Abend während des Gottesdienstes angezündet wurden und so die Kirche in andächtiges Kerzenlicht tauchten. Außerdem pressten wir (Lea und Andrea; Philipp kann uns ja momentan leider nicht wirklich bei der Arbeit helfen, da er sich am 05.12. beide Handgelenke gebrochen hat – aber das ist eine andere Geschichte) ca. 4 Liter Orangensaft. Diesen benötigten wir für die 83 Liter Glühwein, die wir am Abend für die erwarteten 300 Gäste des Weihnachtsgottesdienstes zubereiten sollten. Um 20 Uhr gab es ein von Melanie organisiertes Weihnachtsessen, zu dem jeder selbst etwas zum Buffet beisteuerte. Kostenloses Essen, da sagt ein Volo nie Nein! Um ca. 20.45 ging es dann wieder zurück an die Arbeit und wir machten uns daran, den Glühwein zuzubereiten. Um 22.30 Uhr ging der Weihnachtsgottesdienst los, der in ganz Jerusalem ein großes Highlight zu sein scheint: Zusätzlich zu der deutschen Community in Jerusalem gesellen sich an diesem Abend sehr viele Juden/ Israelis in die Erlöserkirche, sodass wir vor allem beim Eingang bei der Greenpass-Kontrolle alle Hände voll zu tun hatten. Ich glaube, so voll hatten wir die Erlöserkirche bis zu diesem Zeitpunkt wirklich noch nie erlebt. Der Gottesdienst war schön, wenn auch für uns Volos (und vor allem für Lea, die von Yacoub die ganze Verantwortung bekommen hatte, dass der Abend reibungslos verläuft) ein bisschen stressig.

Um 00.00 Uhr, nachdem der Gottesdienst zu Ende war, wurde draußen vor der Propstei noch der Glühwein ausgeschenkt, bevor es zum großen Highlight unseres Weihnachtens überging: Der Weihnachtswanderung nach Bethlehem. Von dieser hatten uns schon die ehemaligen VolontärInnen auf den Vorbereitungsseminaren ausführlich erzählt und so freuten wir uns darauf – auch wenn wir alle von dem langen Abend echt schon etwas müde und kaputt waren – in der Weihnachtsnacht gemeinsam mit ca. 170 Leuten nach Bethlehem zu wandern. Bethlehem liegt rund 10km von der Jerusalemer Altstadt entfernt, die Wanderung dauerte dementsprechend (mit Pausen, in denen kleine Weihnachtsandachten gehalten wurden) ca. 3,5 Stunden. Die geplante Startzeit von 00.00 Uhr verzögerte sich leider aufgrund eines ärgerlichen Zwischenfalls – einer der Volontärinnen wurde die Tasche während des Gottesdienstes geklaut – um eine halbe Stunde nach hinten, sodass es gegen 00.30 Uhr an der Erlöserkirche losging. Nachdem wir über den Checkpoint gelaufen waren, gab es im Zuge der dritten Kurzandacht noch Tee und Kekse und schließlich kamen wir gegen 4.00 Uhr morgens an unserem Ziel, der Geburtskirche, an. Dort liefen wir ein wenig herum und waren erstaunt darüber, wie voll diese trotz der unchristlichen (hehe - sorry für den schlechten Wortwitz) Uhrzeit und trotz Corona doch war. Nachdem wir noch ein paar Weihnachtslieder gesungen hatten, entließ Melanie uns und jeder machte sich selbstständig auf den Weg zurück nach Jerusalem bzw. nach Hause. Ich (Andrea) fuhr zusammen mit einem Freund aus der Jerusalem Assembly, mit dem ich eigentlich auch während der gesamten Wanderung zusammen gelaufen war, und ein paar VolontärInnen mit dem Taxi zum Checkpoint und von dort mit dem Bus weiter nach Hause zur Erlöserkirche, wo ich dann endlich um ca. 5.30 Uhr im Bett war. So endete unser Weihnachten, was sich für mich ehrlicherweise nicht wirklich wie Weihnachten angefühlt hat, doch das liegt wahrscheinlich zum Großteil einfach daran, dass man das Fest von Zuhause sehr anders gewohnt ist.

Am 26.12. feierte unsere „Standard-Volo-Gruppe“ (Lea, Philipp, Andrea, Hissi, Ben, Karla und die Volos aus der West Bank sowie aus dem JoHo) noch eine kleine Weihnachtsfeier im Café Auguste Victoria mit gutem Essen und tollen Wichtelgeschenken, und dann waren die Weihnachtsfeiertage tatsächlich auch schon wieder rum.
Vom 27.12.-31.12. hatten die Volos aus der Erlöserkirche Weihnachtsurlaub. Ich (Andrea) machte zusammen mit Anna-Lea einen Ausflug nach Masada und ins Wadi David bei Ein Gedi, aber dazu kommt vielleicht mal noch ein eigener Blogbeitrag. Lea machte in dieser Zeit einen Ausflug nach Haifa und Philipp bereitete seinen Geburtstag vor. Denn ja, am 30.12. ist dann tatsächlich auch noch Philipp 20 Jahre alt geworden. So verbrachten wir mit der gleichen Gruppe, mit der wir auch schon unsere kleine Volo-Weihnachtsfeier gefeiert hatten, den Abend des 29.12. im Refektorium der Erlöserkirche, spielten Bierpong und feierten das Leben des Herrn Stübner.
Auch der Silvesterabend gesellt sich in die Reihe der erinnerungswürdigen Dezemberabende im Heiligen Land: Um 20 Uhr trafen wir Volos uns im Johanniterhospiz, aßen zusammen und spielten Spiele – die einen Activity, die anderen pokerten mit Philipps neu erhaltenem Pokerkoffer. Um 00.00 Uhr feierten wir dann das neue Jahr sowie J-J’s 19. Geburtstag auf dem Dach des JoHos. „J-J“ heißt eigentlich Johann-Jacob, ist ein Volontär des Berliner Missionswerks und hat am 01.01. Geburtstag, sodass wir ihn in der Silvesternacht mit unseren Geschenken beglückten. Was Feuerwerkskörper angeht, muss man wissen, dass diese in Israel aus Sicherheitsgründen verboten sind – deshalb waren in unserer Silvesternacht Wunderkerzen das Höchste der Gefühle. Um 00.00 Uhr wurden allerdings tatsächlich irgendwo in bzw. um die Altstadt herum einige wenige Silvesterraketen abgefeuert, die wir aber leider aufgrund des bewölkten Himmels nur hören und nicht mit den Augen bewundern konnten. Gefreut hat uns die unerwartete Geräuschkulisse trotzdem. Dank der Zeitverschiebung haben wir uns dann nochmal stellvertretend für Deutschland um 01.00 Uhr - also zum deutschen Neujahr - ein "Frohes Neues" gewünscht und sind so praktisch zweimal ins neue Jahr gerutscht. Wo wir gerade beim Thema sind: Wir, Lea, Philipp und Andrea, wünschen jedem, der das hier liest, ein Frohes Neues Jahr 2022!!

Comments