Lifta
- jerusalemgang
- 4. Apr. 2022
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 21. Apr. 2022

Montag, den 04.04.2022 machten Lea und ich einen Ausflug nach Lifta. Dieses ist ein ehemaliges arabisches Dorf in der Umgebung Jerusalems, dessen Ruinen seit 1948 verlassen stehen bzw. welches als Nationalpark umfunktioniert wurde. Grund dafür ist neben der archäologischen auch die theologische Bedeutung des Gebietes für das jüdische Volk: In Lifta befindet sich eine Quelle, welche mutmaßlich die in der Bibel erwähnte „Neftoach“-Quelle ist (Josua 15,9). Vor allem aufgrund dessen, dass es das einzige „historische, intakte Palästinenserdorf“ ist (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Lifta_(pal%C3%A4stinensisches_Dorf)) wurde es sogar als UNESCO-Weltkulturerbe vorgeschlagen. Erfahren hatten wir von dem Dorf bereits relativ am Anfang unseres Freiwilligendienstes, als wir im November bei einem Gemeindeabend einen Film über die Geschichte Liftas und über die Bedeutung des dortigen Friedhofes im Kontext des Konfliktes gesehen hatten. Ende Februar hätte es außerdem im Rahmen des Volo-Programms eine Führung durch Lifta gegeben, an der aber weder Lea noch ich teilgenommen hatten. Wir hatten also – auch schon von den anderen Volontären – viel über das Dorf gehört und waren dementsprechend sehr gespannt darauf, was uns dort erwarten würde. Das Dorf liegt wirklich supernah am Zentrum Jerusalems in einem Tal, welches umgeben von zahlreichen großen Autobahnen ist – wir waren also bei unseren bisherigen Ausflügen schon sehr oft daran vorbeigefahren, ohne zu wissen, dass das Dorf dort liegt.
So fuhren wir am Montag mit der Straßenbahn einige Stationen und liefen dann ca. 15 Minuten zu dem Tal, in welchem sich die Ruinen befinden. An diesem Tag war es sehr warm, sodass ich, Andrea, leider mein Ramadan-Fasten brechen musste und ein wenig Wasser getrunken habe, da ich sonst wahrscheinlich gesundheitliche Probleme bekommen hätte. Zu Ramadan, meinem Fasten und unseren weiteren Erfahrungen während des Monats kommt aber noch ein gesonderter Bericht, sobald Ramadan vorbei ist. Wir liefen also in das Tal hinab und waren erstmal überrascht über die Anwesenheit der vielen ultraorthodoxen Juden – zu dem Zeitpunkt hatten wir noch nichts von der jüdischen Bedeutung des Gebietes, sondern nur von dessen palästinensischer Geschichte gewusst. Der Großteil der Juden hielt sich nur in der Nähe der Quelle auf und interessierte sich nicht sonderlich für die umliegenden Ruinen. Wir dagegen waren ja nur für diese gekommen, sodass wir bei den Häuserresten herumkletterten, Fotos machten und das Denkmal auf uns wirken ließen.

Wir beide fanden Lifta sehr beeindruckend und können jedem empfehlen, mal einen Abstecher dorthin zu machen. Auch die Natur dort ist wunderschön und die zahlreichen bunten Blumen sowie deren Gerüche erinnerten uns sehr an die Natur in Deutschland.

Die Ruinen bieten sich auch sehr gut für ein Picknick an – wir werden also, zu einem späteren Zeitpunkt außerhalb des Ramadans, auf jeden Fall nochmal dorthin fahren und auf den Dächern der Ruinen picknicken. Die Fläche des gesamten Gebietes ist ziemlich groß und umfasst ca. vier Hektar, sodass man sich gar nicht alles anschauen kann. Insgesamt verbrachten wir ungefähr drei Stunden auf dem Gelände und hatten viel Spaß daran, auf den Häuserresten herumzuklettern. Nach einer gewissen Zeit hatten wir einen ständigen Begleiter: ein ultraorthodoxer Jude, der sich zum Kiffen in die Ruinen verzogen hatte und sich dabei irgendwie gerade immer im gleichen Haus wie wir befand, hörte laut Musik und drehte sich einen Joint nach dem anderen. Das Ganze war aber, glaube ich, keine Absicht – der gute Mann war wirklich komplett in seinem eigenen Film und war sich unserer Anwesenheit wahrscheinlich gar nicht bewusst.

Schließlich verließen wir gegen 14.30 Uhr das Gelände und wanderten den steilen Weg aus dem Tal wieder nach oben. Dabei begegnete uns noch eine Gruppe kleiner, vielleicht 6-7-jähriger jüdischer Jungs, die sehr süß, aber auch wirklich sehr unbeholfen waren. Es sah ein wenig so aus, als würden sie gerade einen Schulausflug machen und abgesehen davon, dass sehr viele in der Gruppe anstatt von Rucksäcken nur Plastiktüten dabeihatten, stellten sie sich beim Runterlaufen des steinigen Weges sehr lustig an. Lea und ich mussten, nachdem die Gruppe vorbeigelaufen war, sehr lachen und waren der Überzeugung, dass die kleinen Jungs das Highlight unseres Tages gewesen waren. Als ich gegen 16 Uhr zuhause angekommen war (Lea musste noch Dinge in der Stadt erledigen), war ich wirklich sehr fertig von der Hitze und legte mich, nachdem ich nochmal ein wenig getrunken hatte, ein bisschen schlafen. Auch wenn Lifta jetzt nicht die typische Touristenattraktion ist, ist ein Besuch in Lifta sehr zu empfehlen; wer zudem noch mehr zum historischen Hintergrund des Dorfes erfahren möchte, kann sich den Wikipedia-Artikel dazu durchlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Lifta_(pal%C3%A4stinensisches_Dorf).

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