Einführungstage
- jerusalemgang
- 22. Sept. 2021
- 5 Min. Lesezeit
Wie man sich vielleicht denken kann, sind wir glücklicherweise alle drei corona-negativ und dementsprechend gut aus der Quarantäne gekommen.
So ging es für uns direkt am Donnerstag, den 09.09., weiter mit unserer Einführungswoche. Diese fand unter der Leitung von Pfarrerin Gaby Zander und zusammen mit den beiden Volos vom Ölberg bzw. von der Auguste Victoria (AV)/ Himmelfahrtskirche statt. Benjamin, den alle nur Ben nennen, und Hiskeline haben wir also direkt am ersten Tag kennengelernt. Seitdem sehen wir die beiden eigentlich jeden Tag. Nachdem wir uns mit Gaby, Ben, Hissi und Maha, der neuen Sekretärin der AV, um 09.30 Uhr am Damaskustor getroffen hatten, ging es los zur ersten Station: Rav-Kav und Handykarten kaufen. Die Rav-Kav ist eine Karte, mit der man günstig alle öffentlichen Verkehrsmittel in Israel nutzen kann, indem man diese mit Guthaben auflädt. Dies verlief eigentlich sehr reibungslos, vor allem verglichen damit, was danach kam: der Kauf der Handykarten. Wir machten uns auf zum nächstgelegenen Handyshop von Golan (so heißt der größte Handyvertragsanbieter hier – er spielt mit seinem Namen zum einen auf die Golanhöhen im Norden Israels, zum anderen aber auch auf mobiles Internet bzw. „lan“ an…). So schlecht wie dieser Wortwitz gestaltete sich auch das Erlangen der Handykarten: nach ca. 2-3h gingen am Ende nur die Volos von der Erlöserkirche mit funktionierendem Vertrag aus dem Shop. Ben und Hissi hatten dann aber zum Glück nach einem weiteren Besuch ein paar Tage später ebenfalls ihre israelischen Handynummern. Ohne Maha, die uns als Arabisch-Dolmetscherin diente, wäre das ganze allerdings wahrscheinlich noch viel schlimmer verlaufen. Nach einem schnellen Falafel-Mittagessen am Damaskustor und einer Runde Geld wechseln fuhren wir mit der Straßenbahn und mithilfe der neu erworbenen Rav-Kav in die Weststadt, um den Mahane-Yehuda-Markt zu besuchen. Dieser ist ein sehr gut besuchter jüdischer Markt an der Jaffa Street, bei dem man von Gewürzen über Obst und Gemüse bis hin zu Datteln alles erwerben kann, was das kulinarische Herz begehrt. Dort kauften wir dann die Zutaten für unser Abendessen ein. Dieses kochten wir anschließend in der WG der Erlöserkirche und beendeten so unseren ersten richtigen Tag in Jerusalem.

Am Freitag, den 10.09., starteten wir den Tag um 9.30 Uhr, indem wir von Gaby eine Führung durch die Erlöserkirche und die Propstei erhielten. Danach erkundeten wir mit Michael Mohrmann vom Johanniterhospiz die Altstadt und er erklärte uns, wo man dort am besten und billigsten einkaufen kann, und wo man seinen Einkauf besser nicht tätigen sollte. Auch das Johanniterhospiz selbst wurde uns nach einem erfrischenden Obstsnack gezeigt. Nachmittags hielt Gaby einen interessanten Vortrag über den Shabbat, der ja diesen Abend losging, sowie die weiteren jüdischen Feiertage, die ebenfalls alle nach und nach anstanden und noch anstehen (vorgestern, am 20.09.2021, begann Sukkot). Am Abend bekamen wir die Gelegenheit, an einem Shabbatgottesdienst in einer Synagoge in Westjerusalem teilzunehmen. Dieser war sehr interessant, auch wenn wir leider aufgrund fehlender Hebräischkenntnisse nichts verstanden.
Samstag bzw. Shabbat, den 11.09., machten wir einen Rundgang durch die Himmelfahrtskirche am Ölberg, die ebenfalls zur Deutschen Evangelischen Gemeinde in Jerusalem gehört. Dort stiegen wir – wie auch schon am Tag zuvor in der Erlöserkirche – auf den Kirchturm und konnten auf der einen Seite die wunderschöne Skyline von Jerusalem und auf der anderen Seite die Berge Jordaniens bewundern. Zum Abschluss des Vormittags machten wir noch einen kurzen Spaziergang über den Ölberg. Nachmittags hatten wir drei von der Erlöserkirche dann frei, während Ben und Hissi bereits ihren ersten Einsatz auf einem Kindergeburtstag hatten. Diesen freien Nachmittag haben wir sehr genossen, bevor es für Lea und Andrea zur Zoomandacht der Erlöserkirche ging. Dort haben wir – mehr oder weniger freiwillig – zusammen mit dem Kantor Michael zur musikalischen Gestaltung des Abends beigetragen.

Sonntag, den 12.09., war Gottesdiensttag mit anschließendem Kirchenkaffee. Trotz dessen, dass die Erlöserkirche (vor allem aufgrund von Corona) sehr leer war, konnten wir einige Kontakte knüpfen und neue Leute kennen lernen. Nachmittags hatten wir dann unsere erste von drei Arabischstunden mit unserer Arabischlehrerin Shireen. Diese fand von 16.00-17.30 Uhr im Café der AV statt. Trotz dessen, dass es natürlich anfangs immer sehr kompliziert und anstrengend ist, eine neue Sprache zu lernen, machte unsere erste Arabischeinheit sehr viel Spaß und mittlerweile beherrschen wir schon ein paar alltägliche Wörter und Sätze. Die drei Arabischstunden sind für alle Volontäre verpflichtend, da wir ja in Ostjerusalem – also im arabischen Teil der Stadt – wohnen und außerdem mit vielen arabischsprachigen Leuten zusammenarbeiten. Während Lea, Philipp und Ben den Arabischkurs fortführen wollen, fangen Hiskeline und Andrea am 12. Oktober ihren viermonatigen (externen) Hebräischkurs an, der zweimal in der Woche stattfindet.
Am folgenden Tag, dem Montag, 13.09., begannen wir Volontäre unseren Tag getrennt in unseren Einsatzstellen, wo wir eine einstündige Einführung in unsere zukünftigen Arbeitsbereiche erhielten. Daraufhin bekamen wir wieder gemeinsam einen Vortrag von Propst Joachim Lenz, der uns einen Einblick in das Evangelische Leben und die Gemeinde in Jerusalem gab. Am Nachmittag machten wir mit Gaby eine kleine Sightseeingtour in Jerusalem, bei der wir die Grabeskirche anschauten, bevor wir uns mit fünf weiteren Volontären vom Berliner Missionswerk an der Klagemauer trafen. Diese hatten zusammen ihre Quarantäne in Talitha Kumi – einer Einsatzstelle in Palästina – verbracht. Nachdem wir dann auch noch zur Klagemauer selbst hingegangen waren, ging es auf die AV, wo wir von den zwei Senior-Café-Volos Katrin und Klaus bekocht wurden.

Ebenfalls im Café Auguste ging es am nächsten Vormittag (Di, 14.09.) weiter. Gaby und Maha wiesen uns darauf hin, worauf wir im interkulturellen Austausch und im Bezug auf die aktuelle politische Lage achten sollen. Dabei wurde vor allem über Kleiderordnung und die Beziehung zwischen den Geschlechtern bzw. die Geschlechterrollen hier in Jerusalem gesprochen. Nachdem dieser Programmpunkt abgehakt war, ging es nachmittags zu sechst (wir fünf Volos plus Gaby) mit dem Bus nach Bayt Jala in der West Bank, um die Einsatzstelle Talitha Kumi zu besichtigen. In der Regel dauert diese Fahrt ca. 40 Minuten. Nicht so an diesem Tag: Aufgrund eines Unfalls auf besagter Strecke bewegten wir uns im Schnitt mit 5 km/h über die Autobahn und kamen dementsprechend erst nach ca. 2h an unserem Ziel an. An solche Situationen muss man sich hier wohl gewöhnen, meinte Gaby zu uns. Der Nachmittag in Talitha war dafür umso schöner – wir bekamen eine Führung übers Gelände vom Schulleiter Matthias Wolf (Talitha Kumi umfasst eine Schule, ein Mädcheninternat, einen Kindergarten sowie ein Gästehaus) und erkundeten anschließend auf eigene Faust den Gebäudekomplex. In der Turnhalle resultierte das in einem Fußballmatch mit einem Tennisball – Team Talitha gegen Team Jerusalem. Natürlich gewann das Team Jerusalem mit 6-4. Bei Sonnenuntergang ging es dann für Philipp, Lea und Andrea wieder mit dem Bus Richtung Jerusalem; Ben und Hiskeline übernachteten bei den Talithas. Wir waren sehr überrascht, als wir am Checkpoint zwischen der West Bank und Israel nicht mal kontrolliert wurden bzw. nicht unsere Reisepässe herzeigen mussten; auch Gaby und Herr Wolf meinten später zu uns, dass das so gut wie nie vorkommt. In Jerusalem angekommen ergab sich dann im Bus selbst noch ein Gespräch mit einem palästinensischen jungen Mann, der uns fragte, woher wir kommen. In überraschend gutem Englisch unterhielt er sich dann noch eine Weile (vor allem) mit Andrea und erzählte, dass er gerne in Deutschland studieren würde. Bei diesem Gespräch konnten wir dann bereits unser am Vormittag erlerntes Wissen im Umgang mit den anderen Kulturen anwenden. Dies war sozusagen unser erster richtiger Kontakt mit einem Einheimischen und wir hoffen, dass wir noch viele weitere solcher spontanen und interessanten Gespräche erleben werden.

Schließlich stand bereits der letzte Tag unserer Einführungswoche – Mittwoch, der 15.09. und gleichzeitig der Vorabend von Yom Kippur – an. Vormittags machten wir eine Führung durch das Deutsche Archäologische Institut (DEI) am Ölberg mit dem Leitenden des Instituts Dieter Vieweger. Danach ging es wieder runter in die Erlöserkirche für die Abschlussrunde und Auswertung mit Gaby und Herrn Lenz. Der Nachmittag war dann frei, was uns sehr freute, da wir so noch gut abends in die Weststadt gehen konnten, um den Erev Yom Kippur zu erleben. Zu diesem besonderen Tag könnt ihr in der Kategorie Feiertage hier auf unserem Blog mehr lesen. Außerdem findet ihr weitere Bilder in unserer Galerie.
So war das Ende unserer Einführungswoche erreicht und es folgte bereits am Freitag, den 17.09.2021, unser nächstes Abenteuer – die Nordexkursion zusammen mit den Theologiestudierenden von Studium in Israel. Das Update dazu folgt…
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